Das umweltfreundlichste Verkehrsmittel – der Omnibus – soll künftig durch eine 100-prozentige Rückerstattung der Mineralölsteurer entlastet und von den Fahrverboten in Umweltzonen ausgenommen werden. Dies forderten Hessens Busunternehmer bei ihrer Jahreshauptversammlung des Landesverbandes Hessischer Omnibusunternehmer (LHO) am Samstag (26.) in Langenselbold. Karl Reinhard Wissmüller (Michelstadt), der im 40. Jahr seines Verbandes als Vorsitzender bestätigt wurde, machte vor mehr als 130 Verkehrsexperten und Busunternehmern deutlich, dass sein Verband eine Wende zu einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Mobilität unterstützen will. Der Bus sei nicht Teil des verkehrspolitischen Infarkts und Umweltproblems, sondern Teil der Lösung.
Der Omnibus als Verkehrsmittel gilt mit einem Kraftstoffverbrauch von 1,4 Litern pro Gast auf 100 Kilometern als umweltfreundlichere Alternative zu Pkw, Flugzeug und der hochsubventionierten Bahn. Er trägt im Gesamtverkehrssystem in Deutschland zu einer deutlichen Kohlendioxideinsparung bei. Dennoch werde diese Leistung von der Politik kaum berücksichtigt, erklärte Wissmüller. Das politisch motivierte, beliebige Festlegen von Umweltzonen und die Explosion der Treibstoffkosten 2011 mit Steigerungen bis zu 25 Prozent innerhalb weniger Wochen belasteten zusätzlich. „Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des umweltfreundlichen Reisebusses müssen abgebaut werden. Manchen Familienbetrieben steht das Wasser bis zum Hals“, weiß Wissmüller, selbst Busunternehmer im südhessischen Odenwald.
Umweltzonen: Fahrverbote für Bus canceln
Der LHO-Vorsitzende fordert „das generelle Herausnehmen von Reisebussen aus der Kennzeichnungsverordnung, die der Euro-Drei-Norm entsprechen und eine bundesweit einheitliche Regelung“. Grund: Bisher koche jede Stadt ihr eigenes Süppchen. So dürfen in Frankfurt ab 2012 nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette einfahren. Jedoch fehlt selbst Fahrzeugen, die noch bis 2006 nach dem neuesten Stand der Technik produziert wurden, diese Plakette. 77 Prozent aller Busse in Deutschland bleiben in dieser „grünen“ Stufe der Kennzeichnungsverordnung in den betroffenen Städten ausgesperrt. Darunter rund 23 000 Fahrzeuge, die so neu sind, dass sie noch nicht annähernd steuerlich abgeschrieben sind. Wissmüller hält dies für eine willkürliche Regelung ohne Rücksicht auf die Realität.
Bis heute steht für viele Fahrzeuge keine Technik zur Verfügung, um sie mit Stickoxidkatalysatoren nachzurüsten. Experten betrachten dieses Nachrüsten skeptisch, da Partikelfilter derzeit keine positiven Auswirkungen auf den Stickoxid-Ausstoß haben. Busunternehmer, die ihre Busse mit den 10.000 Euro teuren Partikelfiltern ausstatten, haben keinerlei Sicherheit, ob sie nicht aufgrund der geringen Wirksamkeit in ein oder zwei Jahren aus den Innenstädten erneut verbannt werden. Dabei ersetzt der Reisebus rund 30 Pkw, benötigt aber nur einen Bruchteil des Verkehrsraumes, entlastet die Staugefahr und das innerstädtisches Klima.
Unterschätzt werde von den Kommunen auch die wirtschaftliche Bedeutung der Bustouristik. Denn am Bus hängen nicht nur Arbeitsplätze bei den Transportunternehmen selbst, sondern auch Arbeitsplätze bei touristischen Dienstleistern in den Städten, bei Hotels, Restaurants oder dem Einzelhandel. Dies bestätigt ein im März vorgestelltes Gutachten des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Uni München. Danach gilt der Bustourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor in Deutschland mit einem Bruttoumsatz von fast 10,5 Milliarden Euro. Etwa ein Viertel dieser Umsätze würden durch die Ausgaben der Bustouristen während der Reise und am Fahrziel ausgegeben.
Wissmüller kennt den Pragmatismus seiner Mitglieder. Er fordert freie Fahrt für moderne Euro-Drei-Busse in Umweltzonen. Je mehr Menschen den Bus nutzen würden, desto besser fürs Klima: „Wenn die Hürden zum Einfahren in Städte zu hoch sind, suchen sich unsere Busunternehmer künftig alternative Ziele“.