Deutschland, Europa und die Welt erleben derzeit eine beispiellose Krise durch die Coronavirus-Pandemie.
In Hessen hat die Corona-Krise die Busbranche besonders schwer erwischt. Etwa 90 Prozent der Busunternehmen in Hessen können die aktuelle Corona-Krise maximal noch bis Juli überstehen – wenn es keine weiteren Hilfen gibt, droht ihnen im Sommer die Insolvenz.
„Die Betriebe sind in wenigen Tagen völlig ausgebremst worden – ohne eigenes Verschulden: Busreisen, auch Schülerreisen sind verboten, Grenzen geschlossen – Schulbusse fahren seit Wochen nicht mehr. Das Gros der Mitarbeiter ist in Kurzarbeit, die modernen und teuren Reisebusse wurden abgemeldet und stehen in Hallen – die Ausgaben laufen weiter und viele Banken verlängern die Kredite für die Fahrzeuge nicht mehr“, erläutert der LHO-Vorsitzende Karl Reinhard Wissmüller die dramatische Lage: „Viele traditionsreiche und bislang überaus erfolgreiche Busunternehmen wissen nicht, ob es sie – mit ihren Arbeitsplätzen im Herbst noch gibt.“
Spätestens seit dem ersten Lockern der Beschränkungen von sozialen Kontakten wird deutlich, dass es Branchen – wie die Tourismus- und Reisebranche gibt, die deutlich stärker betroffen sind als andere. Vor diesem Hintergrund hat der Landesverband Hessischer Omnibusunternehmer gemeinsam mit dem Ausschuss Touristik des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) und den weiteren Landesverbänden eine Resolution mit Erklärungen und Forderungen für das Fortbestehen der Reisebusbranche beschlossen:
Wir erklären:
➢ An erster Stelle muss in dieser Situation der Gesundheitsschutz für die Bevölkerung stehen. Die Busbranche unterstützt Politik und Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen bei den notwendigen Maßnahmen, die zu einer Verlangsamung oder sogar zu einer Eindämmung der Virusverbreitung beitragen. Dies werden wir auch weiterhin tun – im Sinne unserer Fahrgäste sowie unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der gesamten Öffentlichkeit.
➢ Die privaten bustouristischen Unternehmen sind sich ihrer Verantwortung bewusst, dass die Gesundheit ihrer Kunden und Busfahrerinnen und Busfahrer oberste Priorität hat. Bereits heute werden in den Unternehmen Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen, wie Bustourismus nach Aufhebung der Beschränkungen gestaltet werden kann. Die Einhaltung der Hygienevorschriften sowie Mundschutz und regelmäßige Desinfektion der Busse haben dabei höchste Priorität.
Seit Beginn der Corona-Ausbreitung in Europa wird die Lage mit jedem Tag dramatischer. Inzwischen sind viele unserer fast 3.000 privaten kleinen und mittelgroßen (zumeist familiengeführten) Busunternehmen massiv betroffen und in ihrer Existenz bedroht. Die Bustouristik ist die am frühesten betroffen Branche. Bereits Anfang März setzte eine umfassende Stornierungswelle ein. Seit dem Verbot von Busreisen am 17. März liegen die Buchungszahlen bei null. Damit wird es in der kurzen Saison derzeit unmöglich, die hohen Vorauszahlungen und die immensen laufenden Kosten etwa für die Fahrzeuganschaffung zu refinanzieren. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit sagen Kundinnen und Kunden nun auch bereits Reisen weit in der Zukunft ab.
Laut einer aktuellen Umfrage des bdo drohen Umsatzeinbußen in zweistelliger Milliardenhöhe, wenn sich die Buchungsrückgänge so fortsetzen. 90 Prozent der Busunternehmen in Deutschland können diese wirtschaftliche Situation ohne Hilfe nur noch wenige Wochen überstehen. Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steuereinnahmen in allen Regionen Deutschlands drohen damit verloren zu gehen.
Die aktuellen Entscheidungen von Bund und Ländern führen zu einem Ungleichgewicht im Vergleich zu verschiedenen anderen Wirtschaftszweigen. Während einige Branchen nach Corona-bedingten Einschränkungen nun Schritt für Schritt wieder ihre Arbeit aufnehmen können, zeichnet sich ab, dass andere Branchen deutlich länger und dadurch viel stärker betroffen sein werden. Neben der Hotellerie und dem Gastgewerbe trifft das vor allem auf die Bustouristik zu.
Zumeist seit Generationen familiengeführte Reisebusunternehmen bilden einen wichtigen Pfeiler im Tourismussektor. Der klassische Gruppentourismus ist nahezu ausnahmslos von Reisebussen abhängig. Schülerfahrten, aber auch gemeinschaftliche Erlebnisreisen drohen durch die anhaltenden Corona-Folgen keine Zukunft mehr zu haben. Und auch im Fernbusbereich, wo touristische Reisen rund 80 Prozent der Fahrten ausmachen und normalerweise Millionen Menschen befördert werden, herrscht Stillstand.
Wir fordern in dieser Ausnahmesituation daher:
1. Exitstrategie – Konkrete Perspektiven schaffen Ein zeitlicher Horizont, wann mit Lockerungen für die Reisebranche zu rechnen ist, ist unabdingbar. Die Reisebranche braucht eine gewisse Vorlaufzeit, um Reisen planen und Kunden dafür gewinnen zu können. Das geht nicht von heute auf morgen. Um ein Fortbestehen der Branche zu ermöglichen, braucht es sehr bald erste konkrete Perspektiven. Mit einer solchen Planbarkeit wäre es auch gut möglich, Hygienevorschriften im Bustourismus einzuhalten und damit für größtmögliche Sicherheit zu sorgen, wie es im Alltag bereits praktiziert wird.
2. Finanzielle Soforthilfen – Passgenaue Hilfen Rettungsschirme für die Wirtschaft müssen passgenau und weiter gespannt werden. Der Gesundheitsschutz muss selbstverständlich weiterhin oberste Priorität haben. Dies sollte aber mit fairen Chancen für alle Unternehmen verbunden sein. Es droht derzeit, dass einzelne Branchen aufgrund politischer Entscheidungen komplett untergehen, weil ihnen langfristig die Geschäftsgrundlage entzogen wird. Dringend müssen Soforthilfen für die besonders stark und langfristig betroffene Busreisebranche ausgeweitet werden. Dabei darf der Mittelstand nicht wie bislang außen vor gelassen werden.
Wir benötigen dringend den Ersatz der Ausfallkosten für unsere Busse. Auf Basis der Vorhaltekosten-Liste der Branchen-Versicherer fordern wir eine Erstattung pro Verbotstag und Bus rückwirkend ab dem Reisebusverbot für jeden Einsatztag.
Zusätzlich müssen die bereits getätigten enormen Vorleistungen für Reisekataloge, Werbeanzeigen usw., die aufgrund der ausgefallenen Saison nicht mehr durch Reisen refinanziert werden, ausgeglichen werden. Für die Zeit nach der Aufhebung der Coronabedingten Einschränkungen müssen neue Werbemittel erarbeitet werden, die erneut eine hohe Vorleistung erfordern. Hierfür benötigen wir dringend eine finanzielle Unterstützung in Form einer Pauschale in Höhe der branchenüblichen Ausgaben, um den schrittweisen Hochlauf in der Touristik zu ermöglichen.
3. Senkung der Mehrwertsteuer Es ist jetzt wichtig, die richtigen Weichen für die Betriebe zu stellen, die nach der Corona-Krise dazu beitragen werden, Arbeitsplätze gerade in der Fläche zu sichern. Hier sitzen wir in einem Boot mit der Hotellerie und der Gastronomie, denn wir bringen die Gäste in die Gaststätten und die Hotels. Solange diese geschlossen sind, können auch wir nicht wieder durchstarten. Daher ist es auch für uns absolut sinnvoll, die Mehrwertsteuer auch bei umweltfreundlichen Busreisen auf 7 % zu reduzieren, denn nur so können die Unternehmen bei einem vorsichtigen „Hochlauf“ in die Normalität die dringend benötigte Liquidität erhalten.
Wir fordern die Politik auf, jetzt zum Wohle des Busmittelstandes und der Zukunftssicherung der Bustouristik zu handeln und die erforderlichen Maßnahmen auf den Weg zu bringen.