Hessens Busunternehmer kritisieren Warnstreiks: Unnötiger Ärger für Fahrgäste
Wiesbaden / Gießen. Mit Bedauern und Verwunderung hat der Landesverband Hessischer Omnibusunternehmen (LHO) die Warnstreik-Ankündigung der Gewerkschaft ver.di für Freitag (17. Mai) sowie den Dienstag (21. Mai) und Mittwoch (22. Mai) in der Woche nach Pfingsten zur Kenntnis genommen. Volker Tuchan, Geschäftsführer des LHO und Verhandlungsführer in der aktuellen Tarifrunde, hält die Warnstreiks mit Blick auf eine vereinbarte weitere Tarifrunde am 24.05. für „unnötig und nicht mehr zeitgemäß.“ Auch die Gestaltung des Streiks stößt beim Verband auf wenig Verständnis: „Gestückelte Streiktage um das Pfingstwochenende herum irritieren vor allem die Fahrgäste, die hierunter zu leiden haben“, so Tuchan weiter. Das immer wieder strapazierte Instrument des Streiks sei „in den komplexen Tarifauseinandersetzungen des Jahres 2024 nicht mehr hilfreich“: „Wir brauchen für die Verständigung der Sozialpartner modernere Lösungen, die schneller zum Ziel führen, ohne ständig die Fahrgäste zu verärgern.“
Das gemeinsame Ziel – durch attraktivere Rahmenbedingungen mehr Menschen zu motivieren, als Busfahrerin oder Busfahrer zum Gelingen der Verkehrswende in Hessen beizutragen – ist nach den Worten des LHO-Geschäftsführers unstrittig. Wie dieses Ziel erreicht werden könne, müsse in ernsthaften Gesprächen und vor dem Hintergrund der finanziellen Rahmenbedingungen gemeinsam erarbeitet werden. Der LHO habe bereits früh konkrete Vorschläge für stufenweise weiter steigende Löhne vorgelegt. So biete der LHO allen Vollzeitbeschäftigten für das Jahr 2024 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.500 Euro sowie in allen Lohngruppen dreiprozentige Tarifsteigerungen jeweils zum 01. Januar 2025, 2026 und 2027 an. Insgesamt sollen die Löhne somit um 9,3 % steigen. Auch könnten die bislang noch nicht an der Bus-Rente Hessen partizipierenden Beschäftigtengruppen künftig einbezogen werden.
Busunternehmer: „Mehr als 30 Prozent mehr sind nicht mal ansatzweise finanzierbar“
Die Positionen im Tarifkonflikt liegen nach wie vor weit auseinander, so der LHO: „Wir haben einen Forderungskatalog der Gewerkschaft vorliegen, der knapp 30 Punkte umfasst.“ Allein die seitens ver.di genannten drei Kernpunkte (Entgelt, Inflationsausgleichsprämie und Durchbezahlung der Pausen) würden für 2024 bereits ein Forderungsvolumen von mehr als 30 Prozent ausmachen. „Wir haben ein starkes Interesse daran, die Lohn- und Arbeitsbedingungen für Busfahrerinnen und -fahrer kontinuierlich weiter zu verbessern und einen Einstieg in die Branche interessanter zu machen. Ein Tarifabschluss muss aber die Realitäten im Blick haben.“ Nach Angaben des Verbands sind vor allem die Refinanzierungsmöglichkeiten für die LHO-Unternehmen begrenzt. Die Busunternehmen haben langlaufenden Verkehrsverträge mit starren Preisgleitklauseln, auf deren Basis die Lohnkosten fortgeschrieben werden. Diese gleichen in der jetzigen Form die tatsächlichen Kostensteigerungen jedoch nur unzureichend aus. „Hiermit sind die von ver.di geforderten Entgelterhöhungen nicht einmal ansatzweise zu refinanzieren. Wir können keine Forderungen erfüllen, die unsere Unternehmen in die Insolvenz treiben “, so Tuchan weiter.
Gemeinsames Ziel müsse auch in Hessen 2024 sein, die durch viele Irritationen bereits genervten Kundinnen und Kunden im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) durch zuverlässige Angebote und gut getaktete Verbindungen zu überzeugen. Eine echte „Verkehrswende“ – in der die Bereitschaft steigt, auf das Auto zu verzichten und umweltfreundliche Busse und Bahnen zu nutzen – sei nur mit kontinuierlichem, engagiertem und bei Bedarf auch flexiblem Einsatz aller Busfahrerinnen und -fahrer machbar. „Der Verband hofft daher, dass wir in konstruktiven und intensiven Gesprächen das Verständnis für die finanzielle Lage der Unternehmen klarmachen und faire Lösungsansätze für diese schwierige Tarifrunde finden können“, so Tuchan abschließend.
Hessens Bus-Rente ist Beispiel: Gemeinsam innovative Lösungen finden
Der LHO verweist darauf, dass er gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di bereits in zurückliegenden Jahren innovative Lösungen gefunden hat, die in der Branche bundesweit vorbildlich seien: So erhielten die Tarifpartner in Hessen 2022 den „Deutschen bAV-Preis“ – eine Auszeichnung, die für vorbildliche Projekte der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) vergeben wird. Das vereinbarte Vorsorgemodell „BusRente Hessen“ ist eine im privaten Omnibusgewerbe bislang einmalige Branchenlösung, die eine attraktive Zusatzrente etabliert. Dieses Modell der betrieblichen Altersvorsorge kann durch einen hohen Digitalisierungsgrad flächendeckend – sowohl von den oft sehr kleinen als auch von größeren Busunternehmen – umgesetzt werden. Das Berufsbild der Busfahrer/in wird durch verbesserte Rentenleistungen attraktiver und unterstützt die Unternehmen bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung. Beschäftigte können ihre bAV zudem bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb der Branche mitnehmen.