Gießen / Michelstadt / Augsburg. Vor einer zu kurzsichtigen Fokussierung der Verkehrspolitik auf die Schiene warnt der Landesverband Hessischer Omnibusunternehmer (LHO). „Der Bus ist vor allem in Hessens Landkreisen der entscheidende Garant für eine umweltfreundliche und flexible Mobilität. Wer bei der Verkehrswende mit mehr öffentlichem Personenverkehr auch das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land nicht aus dem Blick verliert, muss neben der Schiene auch auf den Bus setzen“, erklärte der LHO-Vorsitzende Karl Reinhard Wissmüller am Montag (10.2.) in Gießen.
„Bezahlbare Verkehrswende und Mobilität auch in Hessens Landkreisen“
Auch Hessens Verkehrspolitik dürfe sich nicht nur auf die Pendlerströme im Rhein-Main-Gebiet und dessen Umland konzentrieren: „Nur mit Bussen lässt sich eine nachhaltigere und auch künftig bezahlbare Mobilität in ländlichen Regionen wie zum Beispiel dem Vogelsbergkreis, dem Werra-Meißner-Kreis oder dem Odenwaldkreis sichern“, erklärt Wissmüller dessen Unternehmen im Odenwald (Michelstadt) im Busverkehr tätig ist:
„Busse verbinden Menschen mit Menschen, auch in abgelegenen Regionen oder kleinen Ortschaften.“
Busse sind nach Angaben des Unternehmerverbandes im Vergleich mit den anderen Verkehrsmitteln schon bisher die umweltfreundlichsten Fahrzeuge: Laut Zahlen des Bundesumweltamtes stoßen Reise- und Fernlinienbusse 32 Gramm Treibhausgase pro Personenkilometer aus (Bahn im Fernverkehr: 41 Gramm: PKW: 142 Gramm: Flugzeug: 211 Gramm). „Beim Einsparen von Treibhausgasen ist der Bus auch in Hessen absolut führend – noch vor dem Schienenverkehr“ versichert Wissmüller, dessen Verband sich bei einer Fachtagung in Augsburg vor allem mit der Entwicklung von alternativen Antrieben und den damit verknüpften Herausforderungen beschäftigt hat. Zudem haben sich Hessens Busunternehmer mit ersten Praxis-Erfahrungen befasst, die in Bayern (Bad Birnbach) mit autonomem Busverkehr gemacht werden.
Wo ist genug Strom zum Laden von Elektrobussen auf dem Land?
„Hessens Busunternehmer engagieren sich für die schrittweise Umstellung auf moderne Antriebstechniken, nachhaltigere Mobilität und eine intelligentere Vernetzung dichter vertakteter Mobilitätsangebote. Doch nicht nur der Schienenverkehr braucht Investitionen in eine modernere Infrastruktur. Auch für den unverzichtbaren Busverkehr auf dem Land muss in neue Strukturen investiert werden – zum Beispiel in den Bau oder Ausbau von zentralen Omnibusbahnhöfen und Haltestelleneinrichtungen sowie von zentralen Werkstätten und Betriebshöfen mit Energiekapazitäten für das Laden von Elektrobatterien oder das Betanken von Bussen mit Wasserstoffantrieb.
So ist auch in Hessen ein Modellprojekt mit Brennstoffzellenbussen geplant – im Rahmen des Projektes „EMOLA – Elektromobilität in der oberen Lahnregion“. So wollen die Landkreise Gießen und Marburg-Biedenkopf sowie der Lahn-Dill-Kreis Konzepte für eine nachhaltige und bezahlbare Mobilität erproben – weil der Austausch von Antrieben allein langfristig nicht ausreicht, sondern zum Beispiel auch die Ladeinfrastrastruktur modernisiert werden müsse. Auch hier ermutigt der LHO, frühzeitig die privaten Busunternehmer mit ihrem Know-How in das Projekt einzubeziehen.
„Schnell realisierbare Potentiale des Busverkehrs für Klimaschutz“
Der LHO fordert, bei der Verkehrswende in Hessen nicht nur die großen Städte mit ihren öffentlichen Verkehrsbetrieben, sondern auch kleine, private Busunternehmen mit ihrer Kompetenz für die besonderen Herausforderungen auf dem Land im Blick zu behalten: „Sonst bleiben die schnell realisierbaren Potenziale des Busverkehrs für die Umwelt ungenutzt. Zudem droht die gewünschte Stärkung des öffentlichen Verkehrs trotz hoher Milliarden-Investitionen in die Schienen an weiten Teilen des ländlichen Raums vorbeizugehen, die auch künftig nicht an den Bahnverkehr angeschlossen werden können.“ In anderen Bereichen engagiere sich Hessen bereits vorbildlich für die Stärkung des ländlichen Raums – zum Beispiel bei der Steuerverwaltung, die gezielt Aufgaben und Arbeitsplätze in kleinere Städte und ländliche Regionen verlagere, um die Zahl der Pendler in die großen Zentren nicht weiter steigen zu lassen.